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Rennbericht Berlin-Marathon

von Marcel Bräutigam am 05. Oktober 2014 • 0 Kommentare

Als Pacemaker Anna Hahner zur neuen Bestzeit geführt

Trotz dessen, dass der Köln Marathon erst zwei Wochen vorüber war, wollte ich zum ersten Mal den Berlin Marathon laufend absolvieren und die Stimmung an der Strecke aufsaugen und genießen. Da ich zwei Wochen nach Berlin bei den Europäischen Polizeimeisterschaften in Graz erneut einen Marathon bewältige, war ein Lauf über den gesamten Marathon ausgeschlossen. Ich bekam aber die Möglichkeit als einer von Drei "persönlichen Pacemakern" für Anna Hahner zu fungieren. Anna gab an, dass sie perfekt für den Marathon vorbereitet war und ihre Bestzeit von 2:27:55h, aufgestellt 2013 in Frankfurt, steigern möchte. Somit legten wir uns eine "Marschroute" zurecht und wir hatten die Aufgabe, die Zwischenzeiten perfekt zu treffen, alle Unwegsamkeiten von Anna auf der Strecke fernzuhalten und ihr perfekte Voraussetzungen für ihr Ziel zu schaffen.
Die beiden weiteren "Hasen" waren Maik Wollherr aus Berlin und Hermann Achmüller, 43 Jahre, aus Südtirol.
Hermann ist ein sehr erfahrener Läufer und Pacemaker. Er hat u.a. Naoko Takahashi 2001 in Berlin zum damaligen Frauen-Weltrekord in 2:19:42h geführt und 2008 den Jungfrau-Marathon gewonnen und hat eine persönliche Bestzeit von 2:18:56h.

Berlin Marathon 2014
Die beiden "Hasen" und Anna kurz vor dem Start vereint

Am Sonntag um 08:45 Uhr fiel der Startschuss beim größten deutschen Marathon mit 40.000 angemeldeten Läufern und das Wetter schaffte perfekte Voraussetzungen. 11° Celsius am Start bis 16°C im Ziel, sonniges Wetter und Windstille!
Für uns als Tempomacher war es am Start wichtig, Anna perfekt zu schützen, damit es nicht zum Sturz kommt. Ich erklärte mich bereit, für das Kommando in der Gruppe zu sorgen, die einzelnen Kilometer durchzusagen und Anna nach dem Startschuss nach hinten abzusichern. Maik sollte vor Anna laufen und für die richtige Angangszeit von 3:28-3:30/km sorgen.

Hinter uns bildete sich gleich eine sehr große Gruppe, die von unserem geplanten Tempo von 2:27:00h auf dem Marathon profitieren wollte, indem sie Kräfte sparen und sich auf uns verlassen konnten. Den ersten Kilometer absolvierten wir in 3:29min und ab diesem Zeitpunkt lief ich mit Maik Seite an Seite an der Spitze der Gruppe. Auch schaute ich immer, wie wir bestmöglich laufen können, um die kürzeste Strecke zu absolvieren und Sekunden einzusparen. Mit dem Ausstrecken des Armes signalisierte ich Anna, in welche Richtung die Strecke verläuft und wo wir hinlaufen müssen und rief ihr dies teilweise auch zu, damit sie bestmöglich informiert war!
Kurz nach KM 2 am Ernst-Reuter-Platz überholten uns Läufer, um als erste die folgende Kurve zu durchlaufen. Dabei bremsten mich diese aus und ich musste aufpassen, dass sie mich nicht aus dem Rhythmus bringen und Anna ausbremsen. Deshalb musste ich ab und an laut werden.

KM 5 erreichten wir in 17:32min, also minimal langsamer als geplant, aber voll im Soll. Kurz darauf signalisierte mir Maik, dass er nicht mehr weiterlaufen kann, da sein Magen Probleme bereitet und er keinen Druck machen kann. Ich animierte ihn, weiterzulaufen, nicht daran zu denken und locker zu bleiben. Doch nach 5,5 KM war leider schon Schluss für ihn. Das war für uns natürlich nicht optimal, dennoch waren wir immer noch zu Zweit und ich in einer guten Verfassung. Hermann wollte mir nun in der Führungsarbeit helfen, doch ich sagte ihm, dass er sich lieber in der Gruppe ausruhen soll und sich die Kräfte für das Ende des Rennens aufheben soll.

Ich führte die Gruppe von 26 Läufern am Bundeskanzleramt vorbei in Richtung Alexanderplatz. Bei KM 8 in der Reinhardtstraße/Friedrichstraße wurde es auf einmal brenzlig, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund geben dürfte. Wir wurden linksseitig immer von einem Motorrad des Fernsehteams begleitet, mit dem Sportreporter Jens-Jörg Rieck darauf, weiterhin das BMW-Führungsfahrzeug der schnellsten deutschen Läuferin und einem Radfahrer.
In der Linkskurve, welche in die Friedrichstraße einbog, fuhr das Motorrad und der Radfahrer direkt vor uns. Wir wollten die Kurve auf dem kürzesten Weg und mit viel Druck durchlaufen. Doch das Motorrad wurde plötzlich deutlich langsamer und der Radfahrer musste auch abbremsen.
Ich lief auf den Radfahrer auf und schrie ihn an, dass er zufahren soll. Er wiederum schrie den Motorradfahrer an schneller zu fahren, welcher es aber nicht mitbekam. Ich schob den Radfahrer bereits am Rücken an, weil er uns bremste. Anna rief auch bereits "schneller". Doch es war kein Platz und rechtsseitig machten die Jungs aus unserer Gruppe den Weg zu. Ich schrie "schneller, schneller, fahr zu". Kurze Zeit später merkte der Motorradfahrer seinen Fehler und gab Gas. So schnell kann es zu einem Sturz kommen und dann ist es mit dem geplanten Ziel vorbei, da die Muskulatur zu macht und man zuviel Adrenalin ausschüttet. Doch Glück im Unglück. 34:57min zeigte die Uhr nach 10 Kilometern.
Die Zuschauer an der Strecke sorgten für eine grandiose Stimmung und hielten die zuvor ausgegebenen Schilder #GO ANNA in die Luft und applaudierten. Ich streckte auch des Öfteren die Arme nach oben und animierte die Zuschauer noch mehr Lärm und Party zu machen.

Berlin Marathon 2014
KM 21 des Berlin Marathons, in meinem Windschatten Anna und Hermann

 

Die weiteren Kilometer lief ich von der Spitze der Gruppe gleichmäßig, so dass wir KM 15 in 52:12min und HM in 1:13:26h durchliefen.
Also 4 Sekunden unter der vorgegebenen Marschroute und Anna machte einen guten, lockeren und freudigen Eindruck.

Ich fragte auch zwischendurch nach ihrem Wohlbefinden und Anna lächelte ;)

Ich hatte noch 9KM bis zu meinem geplanten Ausstieg vor mir und es machte einfach riesigen Spaß in Front der immer noch großen Gruppe zu laufen und in meinem Windschatten die schnellste deutsche Marathonläuferin zu haben. Ich hatte bereits im Frühjahr die Ehre Anna zu ihrem Sieg beim Wien-Marathon zu führen und 200m vor dem Ziel die bis dato führende Kenianerin zu überholen und die Überraschung perfekt zu machen!

Ich drehte mich auch ab und an nach hinten um, um mich über den Zustand von Hermann zu informieren und sah, dass er schon etwas stärker schnaufte. Ich rief ihm zu, locker bleiben und im Feld mitrollen.
Bei KM 25 sagte ich zu Anna, dass wir immer noch auf sub (unter) 2:27h unterwegs sind und alles nach Plan verläuft.

Kurz vor dem geplanten Ausstieg bei KM 30 rief mir Hermann zu, dass er selten so einen gleichmäßig und ruhig laufenden Pacemaker wie mich gesehen hat, der die Kilometer mit nur 2 Sekunden Zeitunterschied laufen kann. Er sagte zu Anna, dass sie mich warmhalten soll ;)

Das von Dir als einen der erfahrensten und prominentesten Pacemaker zu hören, war ein sehr großes Kompliment Hermann, Dankeschön!
Danach erkundigte ich mich nach seinem Zustand und fragte, ob er es ohne Probleme in diesem Tempo ins Ziel schaffen kann!?
Er signalisierte mir, dass es ihm gut geht und er die Pace bis ins Ziel laufen kann. Ich war beruhigt, Hermann lief zu mir auf und reichte mir die Hand zum Handshake, eine feine Geste!
Ich sah auf die Uhr und konnte 1:44:26h bei KM 30 ablesen, also 4 Sekunden schneller als geplant, PUNKTLANDUNG.
Dies rief ich Anna zu und sagte ihr, dass sie Berlin rockt und es zur neuen Bestzeit unter 2:27h reichen kann! Danach feuerte ich noch alle verbliebenen Läufer in der Gruppe an und trabte aus.
Ein super Trainingslauf auf einer sehr schnellen Strecke, mit einem begeisterungsfähigen Publikum und bestem Läuferwetter.
Dort möchte ich in den nächsten Jahren auf alle Fälle selbst auf Bestzeit laufen!

Kurz danach sah ich am Straßenrand meinen Freund Dickson Kurui aus Kenia, welcher ebenso als Tempomacher in Berlin für eine Männergruppe fungierte. Ich lief zu ihm und wir hielten einen Smalltalk. Ich habe Dickson beim Kassel Marathon 2014 kennengelernt, als er für Christian und mich der Pacemaker gewesen war. Wir kamen dadurch ins Gespräch und hielten Kontakt.

Berlin Marathon 2014
Dickson Kurui und ich nach unserem Rennen

 

Anna lief unterdessen weiter, ich verfolgte die Zwischenzeiten auf dem Handy und sah, dass sie immer noch gleichmäßig ihre 5 Kilometer Abschnitte absolvierte. Nach 2:26:44h konnte sie als 7. schnellste Frau und beste Europäerin das Ziel am Brandenburger Tor erreichen. Damit konnte sie ihre persönliche Bestzeit um 1:11min unterbieten! Ich war stolz und froh Teil dieses Teams gewesen zu sein.
Auch Hermann zog den Marathon durch und finishte in 2:26:39h und blieb zum 50. Mal unter 2:30h!!
Nicht unterschlagen möchte ich den Fabelweltrekord von Dennis Kimetto in 2:02:57h, sowie dessen Landsmann Emmanuel Mutai in 2:03:13h, Wahnsinn Jungs, ihr habt ein Pfund drauf!!

Seit Mitte dieser Woche habe ich von Federn Oßwald meine ersten Autogrammkarten erhalten.
Wenn ihr eine solche mit Signatur haben möchtet, dann bitte einen frankierten Rückumschlag an die Physio4me, 99096 Erfurt, Melchendorfer Straße 1 senden. Einen speziellen Wunsch/ Widmung bitte mit angeben, falls gewünscht! Ich freue mich von EUCH zu hören!

 

Berlin Marathon 2014
Titelbild der Berliner Morgenpost mit Anna Hahner und Hermann Achmüller

Sport frei,

Marcel

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