von Marcel Bräutigam am 11. November 2015 • 2 Kommentare
Am letzten Wochenende des Oktobers fand der 34. Frankfurt-Marathon statt. Zudem wurden gleichzeitig die Deutschen Marathonmeisterschaften ausgetragen, was den Stellenwert der deutschen Läufer aufwertete.
Ich hatte eine sehr gute Vorbereitung ohne Krankheit oder Verletzung und konnte meine geplanten Trainingseinheiten sowie Wettkämpfe vollständig absolvieren.
2015 gelang es mir zudem, meine Bestzeiten auf allen Distanzen deutlich zu verbessern. Besonders erfreute mich meine erzielte Zeit bei den Deutschen Meisterschaften über die 10km Distanz auf der Straße, wo es mir trotz Marathonvorbereitung gelungen ist, erstmalig unter der Schallmauer von 30 Minuten geblieben zu sein. Zudem lief ich beim Halbmarathon in Köln alleine eine Zeit von 65:34min, was ein guter Indikator für den Frankfurt-Marathon darstellte.
Deshalb nahm ich mir für Frankfurt eine Endzeit von 2:15:xxh vor.
Am Wettkampftag herrschten optimale Bedingungen, um eine persönliche Bestzeit aufzustellen. Es waren 12-14°C, bewölkter Himmel und minimaler Südwestwind.
Am Start reihte ich mich in die 2. Reihe ein, direkt neben mir mein persönlicher Tempomacher Hendrik Pfeiffer vom TV Wattenscheid, welchen ich mir selbst organisierte.
Nach dem Startschuss um 10:00 Uhr setzten sich die Läufer in Bewegung. Insgesamt waren 16.000 Teilnehmer gemeldet, davon über 1000 Läufer für die Deutschen Meisterschaften.
Zusammen mit einer größeren Gruppe und Hendrik erreichten wir den ersten Kilometer in 3:08min. Etwas schneller als von mir geplant, denn ich musste, um meine vorgenommene Endzeit zu erreichen, jeden Kilometer in 3:12min absolvieren.
Meine Durchgangszeit nach 5 Kilometern in 16:02min stimmte dann wieder. Zudem waren wir eine 15 Läufer starke Gruppe, davon zwei Läufer aus Kassel, welche um die ersten Plätze für die Deutschen Meisterschaften kämpften. Bereits enteilt war Arne Gabius, welcher den deutschen Rekord von 2:08:47h unterbieten wollte.
Kurz vor Kilometer 10 wollte ich das erste Mal bei der dort eingerichteten Getränkestelle etwas trinken. Dafür gab ich im Vorfeld meine eigens abgefüllten Trinkflaschen beim Veranstalter ab, welcher die Flaschen anschließend auf den zugewiesenen Tischen abstellte. Jedoch schnitt mir ein Läufer unserer Gruppe den Weg ab, so dass ich meine Flasche nicht aufnehmen konnte und lief ohne Getränk weiter. Laut meiner Polar V 800 konnte ich nach 10 Kilometern 32:02min ablesen. Mittlerweile hatte ich das Lauftempo und den Laufrhythmus verinnerlicht und es rollte sprichwörtlich.
Nach der Überquerung des Mains bei Laufkilometer 14 merkte ich plötzlich, dass ich aufs Klo musste. Ich sah mich nach hinten um, doch es waren keine weiteren Läufer zu sehen. Ich überlegte kurz, ob ich anhalte, um die Notdurft zu verrichten, entschloss mich aber, die Gruppe nicht ziehen zu lassen.
Magenprobleme und 67:21min beim Halbmarathon
Zwischen Kilometer 10 und 15 konnte ich den schnellsten Abschnitt des Tages in 15:47min realisieren. Kurz vor der Halbmarathonmarke hatte ich eine kurze Schwächephase zu durchleben und ließ einige Meter zwischen mir und der Gruppe entstehen. Mit Hilfe von Hendrik und seinen Worten: „Das ist heute deine Gruppe“ gelang es mir aber wieder aufzuschließen und ich durchlief die Hälfte der Strecke in 1:07:21h.
Zwei Kilometer später begann ein kurzer Anstieg zur Bundesstraße. Dort merkte ich, dass es mir im Gegensatz zu den anderen Läufern leichter fiel, hochzulaufen und ich reihte mich von nun an weiter vorn in der Gruppe ein. Nach 25km beendete Hendrik seine Tempoarbeit, welche er hervorragend meisterte! Vielen Dank noch einmal!
Jetzt erreichten wir den Stadtteil Höchst, wo anfangs der Frankfurt-Marathon gestartet wurde. Dort war eine kleine Schleife zu absolvieren. So konnte ich einen Blick nach rechts werfen und sah die Spitzengruppe des Marathons vorbeilaufen und kurze Zeit später auch Arne Gabius.
Weiter auf Kurs 2:15h
Die nächste wichtige Durchgangszeit folgte bei 30 Kilometern, wo ich 2014 während des Köln-Marathons nach 1:36:36h vorbeikam. Dieses Mal war ich 36 Sekunden schneller und somit auf Kurs 2:15:00h. Noch immer fühlte ich mich kraftvoll und entspannt, ohne aber beschleunigen zu können, da immer noch knapp 40 Minuten gelaufen werden mussten.
Auch hatte ich zwischendurch wieder mehrfach Magenprobleme.
Nun begannen mehrere Läufer das Tempo deutlich zu forcieren. Darum spaltete sich die Gruppe. Ich lief in der zweiten mit fünf weiteren Läufern der vier Kilometer langen Mainzer Landstraße entlang. Daniel Berye Ybekal, welcher ebenfalls um einen Podestplatz bei den Deutschen Meisterschaften kämpfte, verlor nun den Anschluss. Mit ihm bestritt ich bereits im Frühjahr den Kassel-Marathon, wo ich mich auf den letzten 8 Kilometern ebenfalls absetzen konnte.
Jetzt lag ich also alleine auf dem zweiten Platz der Deutschen Meisterschaft, doch mir ging es auch um die Endzeit.
Bei Kilometer 35 wartete erneut eine Getränkestelle und wieder schnitt mir ein Läufer völlig unverständlich den Weg ab und brachte mich fast zum Stürzen. Deshalb verpasste ich die entscheidende Trinkstation, was bitter für mich war! Doch zurücklaufen machte keinen Sinn. Dann sah ich meine Freundin Katrin und meinen Physiotherapeuten Philip, welche mich extra nach Frankfurt zum anfeuern und betreuen begleiteten. Sie schrien mich an und gaben mir weitere Motivation auf den Weg.
die harten letzten 5 Kilometer
Ich stellte fest, dass wir auf den letzten 5km etwas an Zeit verloren hatten und ging deshalb an die Spitze der Gruppe, um das Tempo hochzuhalten. Das gelang mir zwei Kilometer, dann wurde ich wieder überholt. Ich wollte mich erneut an die Fersen der anderen heften, doch auf einmal war meine gesamte Kraft wie weggeblasen, von einem Moment auf den anderen. Als ob mir jemand den Stecker gezogen hätte. Mein unterer Rücken machte fest und auch mein Rippenbogen schnürte sich zu und es fühlte sich wie Seitenstechen an.
Ich biss auf die Zähne und versuchte den Anschluss zu halten, doch die Verkrampfungen durchzogen nun den gesamten Körper und ich hatte große Probleme, noch einen ordentlichen Kniehub und frequenten Laufschritt durchzuführen.
Doch wer mich kennt weiß, dass ich ein Kämpfer bin und nicht einfach etwas wegwerfe, in was ich so viel investiert habe. Zudem lag ich auf dem zweiten Platz der Deutschen Meisterschaften.
So schleppte ich mich dem Ziel entgegen, die Kilometer wollten nicht mehr vergehen. Auch mein Laufstil war nicht mehr mit dem bei 35 Kilometern zu vergleichen. Doch das war mir egal. Zur Verwunderung holte ich noch zwei vor mir liegende Läufer ein, welche scheinbar noch „angesäuerter“ waren als ich.
Deutscher Marathonvizemeister in neuer persönlicher Bestzeit
Auf der langen Geraden zur Festhalle sah ich den Sprecher vom Frankfurt-Marathon, der die Läufer noch einmal anfeuerte. Er erkannte mich und schrie mir hinterher. Kurz darauf bog ich nach links ab und sah das Kilometer 42 Schild. Gleich geschafft dachte ich mir und versuchte noch einmal zu beschleunigen. Als ich in die Festhalle einlief, sah ich, wie die Uhr im Ziel 2:16:50h anzeigte und unentwegt weiter lief. Vor der Ziellinie versuchte ich die Arme hochzureißen, doch selbst das fiel mir schwer. Völlig erschöpft durchlief ich nach 2:17:05h die Ziellinie als Gesamt 26. und Deutscher Marathonvizemeister. Anschließend ließ ich mich auf den ausgelegten Teppich fallen. Unmittelbar danach kamen Sanitäter zu mir gerannt, um mir zu helfen und hoben mich auf eine Trage. Das wollte ich zwar nicht und sagte es ihnen auch, doch sie bestanden darauf.
Beim Arzt angekommen, erklärte ich, dass es mir gut geht, ich auf eigenen Beinen stehen kann und meinen Körper sehr gut kenne. Somit durfte ich den ärztlichen Bereich verlassen und meinen Präsidenten vom Rennsteiglaufverein Jürgen Lange begrüßen, welcher mir hilfreich zur Seite stand.
Ich war völlig enttäuscht über meine Leistung, da ich mir deutlich mehr vorgenommen hatte und auch mehr in steckte. Doch leider machte mir wieder der Magen bei der Höchstleistung einen Strich durch die Rechnung. Darum fehlte mir auf den letzten Kilometern einfach die Kraft, weil ich mich meiner Energie bereits zuvor entledigt hatte und bei Kilometer 35 nicht mit meiner Cola und Gel auffüllen konnte.
Trotz allem konnte ich eine neue persönliche Bestzeit verbuchen und meine Zeit vom Frühjahr in Kassel um weitere 17 Sekunden reduzieren.
In der Festhalle wurde die Siegerehrung der TOP 3 der deutschen Marathonmeisterschaften ausgetragen. Die würdige und schöne Siegerehrung ließ meine Enttäuschung zumindest dort vergessen machen. Ich konnte die Stimmung genießen und als ich neben Arne Gabius, welcher den deutschen Rekord auf 2:08:33h verbesserte und auf dem ersten Platz stand, war das ein tolles Gefühl!
Auch sagte ich mir, dass es nicht mein letzter Marathon sein wird, wo ich die Chance habe eine Bestzeit aufzustellen. Das Momentum wird auch einmal auf meiner Seite stehen.
Im Nachhinein erwies sich mein Vorstoß bei Kilometer 35 als falsch, weil ich zu viel Kraft investierte, was ich später doppelt und dreifach büßen musste. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Zudem bin ich einen Marathon so schnell wie nie zuvor angelaufen und bis Kilometer 35 ist alles aufgegangen. Mit dieser Angangszeit hätte ich 2013 sogar meine Bestzeit auf dem Halbmarathon verbessert. Das gibt mir Mut und Zuversicht für die kommenden Aufgaben.
Jetzt habe ich zwei Wochen eine Laufpause eingelegt und beginne seit dieser Woche wieder mit dem Grundlagenausdauertraining.
Vierter der Deutschen Marathonbestenliste 2015
In der deutschen Bestenliste im Marathon schließe ich das Jahr 2015 damit als Viertplatzierter ab. Leider wurde ich dennoch nicht in den Kaderkreis im Marathon aufgenommen, welcher vergangene Woche vom Deutschen Leichtathletikverband veröffentlicht wurde.
Abschließend möchte ich mich bei allen Fans, Sponsoren, Freunden und meiner Familie für eine erfolgreiche und spannende Saison bedanken! Freue mich auf ein gemeinsames Laufjahr 2016.
28. November 2015 , 21:54
Genau: Weiter so... - aber das machst Du eh! :-). Beim nächsten läuft' s glatt und dann steht die 2:14:xx - Wetten? Besten Gruß aus dem schönsten Ziel der Welt ;-)!
11. November 2015 , 15:43
Hut ab vor dieser Leistung. ....weiter so. ...