von Marcel Bräutigam am 19. Oktober 2014 • 0 Kommentare
Bereits vor einer Woche nahmen 11500 Läuferinnen und Läufer am 21. Graz-Marathon teil. Integriert wurden in diese Veranstaltung die 6. Europäischen Polizeimeisterschaften im Marathon, an denen 125 Polizeisportler aus 20 Ländern teilnahmen. Unsere Mannschaft war mit 12 Sportlern (6 Männer und 6 Frauen) vertreten, die mit hervorragenden Leistungen aufwarten konnten!
Um 10:00 Uhr Ortszeit erfolgte der Startschuss am Kaiser-Josef-Platz und der Oper in Graz bei 18°C Außentemperatur und leicht bewölktem Himmel. Recht zügig bildete sich eine 10-köpfige Spitzengruppe mit Läufern vom Halbmarathon, Staffelmarathon sowie dem Marathon.
Ich reihte mich in vorderste Gruppe ein und ließ es rollen.
Meine Taktik war es, mit den schnellsten Läufern des Feldes zu laufen, so wenig Kräfte wie möglich für die ersten 30 Kilometer zu verbrauchen und am Ende Polizeieuropameister im Marathon zu werden.
Es war von Beginn an ein ruhiges Tempo. Ich wäre gerne schneller gelaufen, wollte mich aber auch nicht aufopfern und alleine Laufen, mit dem Wissen, 4 Wochen zuvor den Köln Marathon bestritten zu haben, welcher viele Kräfte kostete. Zudem wusste ich nicht, welche Läufer der Spitzengruppe Polizeibeamter war und somit mein Gegner der Polizeimeisterschaften.
Die ersten 10 Kilometer erreichten wir in 33:50 min (3:23/km), erhöhte zur Getränkestelle das Tempo, um als Erster meine Flasche sicher aufnehmen zu können. Durch die leichte Tempoverschärfung teilte sich bereits die Spitzengruppe und es entstanden Lücken. Nach dem Trinken nahm ich das Tempo raus und die Gruppe lief wieder zusammen. Das Zurückfallen der ersten Läufer durch den Tempovorstoß war für mich eine wichtige Information, so wusste ich, dass bereits jetzt Läufer an ihrem persönlichen Limit laufen. Unspektakulär verlief bis Kilometer 18 das weitere Renngeschehen.
Dort zog ein Läufer aus Italien das Tempo an und die Gruppe teilte sich erneut. Da ich mich zuvor über die Strecke informiert hatte, wusste ich, dass sich diese bei Kilometer 19 für die Halbmarathonläufer und Marathonläufer teilt und ahnte, dass der Italiener Hannes Rungger zu einem längeren Endspurt für die Halbmarathonstrecke ansetzen würde. Diese wurde Gewissheit, als er nach rechts abbog und unsere Strecke geradeaus führte. Ich hatte noch ein sehr gutes Körperbefinden mit der nötigen Lockerheit und lief hinter dem Äthiopier Lemawork Ketema und zwei weiteren Läufern aus Dänemark und England in die 2. Runde.
Lemawork forcierte noch einmal deutlich das Tempo. Ich folgte ihm kurzzeitig, stellte für mich aber fest, dass es etwas zu schnell sein könnte bei den warmen Temperaturen und der nun scheinenden Sonne.
Ich drehte mich um, sah kurz hinter mir die beiden Läufer aus Dänemark und England, überlegte kurz, ob ich mit dem Äthopier mitlaufe oder auf die beiden Läufer warte. Ich entschloss mich für die sichere Variante, indem ich das Tempo drosselte und wir von nun an zu Dritt weiterliefen.
An der Startnummer meiner beiden Mitstreiter konnte ich erkennen, dass sie ebenfalls an den Polizeieuropameisterschaft teilnehmen.
Den Halbmarathon erreichten wir in 1:11:36h, welches genau der Siegerzeit von Hannes Rungger im Halbmarathon entsprach.
Bis Kilometer 26,5 blieb ich bei Thorkild Sundstrup aus Dänemark und Benjamin Gamble aus Großbritannien.
Dann musste ich gezwungenermaßen einen "Boxenstopp" einlegen. Nachdem ich wieder auf die Strecke ging, konnte ich feststellen, dass sich der Däne vom Briten lösen konnte und das Tempo anzog! Ich schaute auf meine Uhr, um den Rückstand zum Dänen festzustellen, es waren 25 Sekunden!!
Von nun an machte ich Druck, um beide einzuholen. Den Läufer aus England konnte ich mit einem Kilometer von 3:14min recht schnell Ein- und Überholen. Zum Führenden der Polizeiwertung war es noch ein Stück, doch zwei Kilometer später erreichte ich ihn.
Wir liefen von nun an gemeinsam, ich schaute meinen Kontrahenten an, welcher schon einen angestrengten Eindruck machte.
Auch wurden wir deutlich langsamer als die Kilometer zuvor. Mir war es egal, für mich zählte der Polizeimeistertitel, nicht die Zeit.
Bei Kilometer 37 entschloss ich mich, das Tempo zu erhöhen. Ich löste mich sofort von Thorkild und lief glücklich dem Ziel entgegen.
Obwohl auch mir die hoch sommerlichen Temperaturen von 25-26°C, sowie die Sonne zu schaffen machten, waren schnell 50 m, dann 100 m zwischen mir und meinen Verfolger gelegt.
Auf der Zielgeraden konnte ich mich nach 2:25:52h über meinen ersten Polizei-Europameistertitel freuen sowie den 2. Gesamtplatz des Graz-Marathons 2014 und genoss den Beifall der Zuschauer im Zielbereich an der Oper. Ich darf mich nun als erster deutscher Polizeieuropameister im Marathon nennen, was für eine Ehre! Gesamtsieger wurde Lemawork Ketema aus Äthiopien in 2:22:09h.
In der Polizeiwertung errang Thorkild Sundstrup in einer Zeit von 2:26:34h den 2. Platz vor Benjamin Gamble in 2:28:40h.
Als zweitbester Deutscher kam Mario Wernsdörfer (Polizei Bayern) nach 2:33:46h auf Platz 8 in der Wertung der Polizei-EM.
Die Deutsche Mannschaft mit ihren vier schnellsten Läufern Marcel Bräutigam (Polizei Thüringen, 2:25:52h), Mario Wernsdörfer (Polizei Bayern, 2:33:46h), Robert Ruff (Polizei Bayern, 2:37:40h) und Thomas Witwer (Polizei Rheinland-Pfalz, 2:38:06h) konnte in der Mannschaftswertung hinter Frankreich den 2.Platz belegen, der 3.Platz ging an Großbritannien.
Europäische Polizeimeisterin wurde Rike Westermann aus Deutschland (Polizei Nordrhein-Westfalen, 2:56:18h) vor ihrer Mannschaftskollegin Sabine Schmidt (Polizei Rheinland-Pfalz, 2:56:26h). Es folgte als dritte Sarah Hill aus Großbritannien in 2:56:42h.
Die deutsche Polizeimannschaft der Frauen konnte die Goldmedaille vor Großbritannien und Frankreich gewinnen.
Mit diesen Erfolgen konnten wir auch die Nationenwertung für uns entscheiden!
Mit diesem tollen Abschluss der Saison habe ich gezeigt, dass ich sehr belastungsfähig bin und innerhalb von 4 Wochen zwei hochwertige Marathons bestreiten kann. Nun konzentriere ich mich auf meinen Beruf, da ich seit 3 Wochen mein "Praktikum" bei der Thüringer Polizei absolviere und noch einige Wochen vor mir habe. Damit sich mein Körper von den Strapazen der letzten Monate erholen kann, lege ich eine Saisonpause ein, bevor es Mitte November langsam wieder mit dem zielgerichteten Training los geht.
Viele Grüße,
Marcel